Wie in der Schweiz, so haben sich auch in den verschiedenen Gegenden des Auslandes Fahnenbräuche erhalten, deren Ursprung nachweisbar ebenfalls im mittelalterlichen, soldatischen Fahnenspiel verankert ist. Sehr stark entwickelt ist das Fahnenschwingen (Vendelzwaaien) in den holländischen Provinzen Noord-Braband und Gelderland, Maasland sowie an einigen Grenzorten Belgiens. An den Gildefesten messen sich die Fähnriche nach dem gemeinsamen Vendelgroet (Fahnengruss) in Einzelkonkurrenz wie im Gruppenschwingen um die begehrten Silberschilde (Zilveren-Schilden). Ihre Fahne ist sehr gross und am Griffende mit einer fünf Kilo schweren Kugel versehen. Sie schwingen sehr kunstvoll und nach genau festgelegten Regeln. Das »Hochwerfen« der Fahne kennen sie nicht.


Im Südtirol ist das Schwingen des »Fahnl« ebenfalls in guter Entwicklung herangereift. Interessant ist, dass in verhältnismässig kleinem Raum jede Talschaft eigene Fahnenbräuche pflegt, die stark voneinander abweichen.

Im Burggrafenamt übt man sich mit wellig gestreiften Fahnen in sehr elegantem Schwingen, das viel mit dem unsrigen geimein hat. Der »Banderal« aus Carano im Fleimstal schwingt seine zwei auf zwei Meter grosse, mit goldenen Buchstaben auf ihre Herkunft beschriftete Fahne meistens beidhändig, während er von vier »lacché«umtanzt wird, was sehr originell wirkt. Anders die Eggtaler aus Welschnofen. Diese Fahne ist blauweiss, in der Mitte geteilt, mit einem grossen aufgemalten Edelweiss. Angetan mit dem gelben Mantel seiner Schützenkameraden, schwingt der Fähnrich elegant zum Walzer der Trachtenkapelle, selber im Takte mittanzend. Im Dolomiten-Dorf Canazei sowie im Fassatal bestehen noch eigentliche »Fahnenvereine« (Società Bandiera). Sie haben prächtige, riesengroße siebenfarbige Fahnen und schwingen ebenfalls in gutem Rhythmus.

Im Gegensatz zu den Südtiroler Fahnlschwingern, die alle in ihre angestammte Tracht gekleidet sind, trägt der Fahnenschwinger der Prangschützen von Ranten, Steiermark, noch die Napoleonische Uniform. Seine seidene Fahne ist grünweiss und mit einem langen Stab versehen. Er schwingt dieselbe am Bartolomäustag in schneidigem Tempo im Kreise seiner Grenadiere, die dabei eine Salve schießen. Die Alfieri von Siena in der Toskana messen sich am Palio (Reiterfest) in edlem Wettstreit um die Meisterschaft der siebzehn Stadtbezirke.

Prächtig bestickte Fahnen werfen sich da die »giuocatori di bandiera« in mächtigen Schwüngen mit echt

südländischem Temperament zu. Ein unvergessliches Schauspiel.

 

Die Fahnenschwinger von Landshut, Bayern, pflegen mit ihrem Fahnenschwenken an den Festspielen der

»Landshuter Fürstenhochzeit l475« eine alte Überlieferung. Als Knappen eingekleidet, schwingen sie ihre

bunten Wappenfahnen im Festzug und im Ring des Wiesenfestes recht eindrucksvoll.